o9.10.14 // 22:48 Uhr

-------------------------------------------------

 

Bis ich endlich verstanden habe, was Virucela eigentlich bedeutet, haette ich mich wohl laengst bei einem der um die zehn Jungs angesteckt, die derzeit mit Windpocken herumlaufen. Gut, dass ich die als Kind schon hinter mich gebracht habe, denn so konnte ich mit ihnen spielen und kochen, ohne mir Sorgen zu machen. Nachmittags habe ich Schokocookies gebacken, ganz ohne Hilfe. Es hat auch allen geschmeckt - ausser mir. Das Rezept muss irgendwie noch veraendert werden...

Am Dienstag sass dann ploetzlich Sara mit ihrem Vater im Micro - eine der beiden Freiwilligen, die vor mir in Callecruz gearbeitet haben. Waehrend ihr Vater ab morgen bis Sonntag in La Paz sein wird, bleibt sie bis Donnerstag im Projekt. Es hat den Tag um einiges unterhaltsamer gemacht, mich mit den Schweizern auszutauschen.
Gleichzeitig war es aber auch recht entspannend, zum Glueck, denn der Nachmittag war mit Arbeit nur so vollgestopft. Am Mittwoch wuerden wir so viel Arbeit haben, dass Mama mich kurzerhand vom Projekt befreit und zuhause gelassen hat. So kam es, dass ich von acht Uhr morgens bis ein Uhr nachts durchgehend, nur unterbrochen vom Mittagessen (ohne Siesta) Nachspeisencremes in Glaeser gefuellt, Fleisch geschnitten, Dinge dekoriert und Essen serviert habe. Irgendwann war ich stehend K.O.

Da war es eine Erleichterung, nach den nur fuenf Stunden Schlaf im Micro nochmal Schlaf nachzuholen und den Tag dann hauptsaechlich mit dem Ausbessern von Weihnachtskarten zu verbringen, die die Jungs gestern mit Maria und Sara gebastelt haben. Die meisten sind naemlich auf dem Bastelstand eines europaeischen Vierjaehrigen und koennen kaum ausschneiden oder aehnlich einfache Anweisungen befolgen.

Nach dem Mittagessen im Projekt bin ich mit Sara noch zu Cleo ins Buero gefahren, um ihr die Termine meiner Reisen mitzuteilen und ihr die ganzen Fotos von den Kindern zu geben, die ich bisher gemacht habe. Ungefaehr da haben wir beschlossen, dass Sara nicht ins Hotel muss, sondern genauso gut bei mir uebernachten kann bis Samstag. Meine Mutter hat sie ordentlich verarscht und erst einmal nein gesagt, dann aber gluecklicherweise gleich herzhaft gelacht und sie genauso herzlich eingeladen, fuer ungefaehr immer zu bleiben, wenn sie denn moechte. Wir haben im Confetti einen Erdbeersaft genossen, einige Fressiers fertiggestellt und waehrend ich wie immer Tanzen war - leider habe ich schon den zweiten Tag hintereinander ne Pfeife erwischt, was Takt, Fuehrung und..ja eigentlich alles angeht - ist Sara mit einer bolivianischen Freundin unterwegs. Da zuhause das Internet seit drei Tagen kaputt ist, verweile ich nun hier im Confetti, auf eine Nachricht von Sara wartend, wo sie und ihre Freundin sind, damit ich zu ihnen stossen kann. Da aber am Sonntag Wahlen sind, darf ab heute niemand mehr nach 24 Uhr draussen sein (und ab morgen auch niemand mehr Alkohol konsumieren!), wird die Zeit langsam knapp. Uebrigens ist hier gerade ein Event im Confetti, weswegen noch High Life ist und nicht jeder schon im Bett.

 

 

o9.10.14 // 22:48 Uhr

-------------------------------------------------

 

Nachdem ich Sara am Donnerstag angerufen hab, haben wir festgestellt, dass sie seit Stunden versucht hat, mich zu erreichen, es aber irgendwie nicht funktioniert hat. Eine halbe Stunde nach dem Telefonat lagen wir in unseren Betten und haben uns noch ein bisschen unterhalten und Pläne für die nächsten beiden Tage geschmiedet. Am Freitag bin ich ohne sie ins Projekt gefahren - Mariella hat sich ganz schön erschrocken, als plötzlich noch jemand anderes im Zimmer schlief - und habe dort nach einem fehlgeschlagenen Versuch, Brandon zu unterrichten, mit Alex und Kevin ein Buch gelesen, den Kiosk geschmissen und schließlich Rosa geholfen, die Daten der Kinder in den PC zu übertragen. Zuguterletzt habe ich noch ein eigenes Klassenzimmer bekommen, in dem ich Brandon ab jetzt unterrichten soll, doch um ehrlich zu sein habe ich keine Idee, wie ich das schaffen kann.

Erst einmal bin ich wieder nach Hause gefahren und habe mich dann mit Sara an der Plaza getroffen (das ist sozusagen die Stadtmitte, da wo die Kathedrale steht), von wo aus wir zur Vaca Fria gegangen sind. Das ist ein Eiskaffee, wo es den köstlichsten Frappuccino gibt. Mit dem in der Hand sind wir auf einen Markt im Norden gefahren, ähnlich der Feria Barrio Lindo, nur kleiner, und haben geshoppt. Na, jedenfalls hat Sara was gefunden, ich irgendwie nicht. Pünktlich zum Tanzen kamen wir wieder heim und fuhren danach mit dem Taxi (Chrissie lag quer über Luisa, Lotte und mir, aus Platzmangel) direkt zu Zoe, die in ihren Geburtstag reinfeierte. Außer uns AFSlern waren noch ein paar Bolivianer aus ihrer Schule da und ein paar Bolivianer, die bereits studierten. Wir sprangen kurz noch in den Pool und sangen um Mitternacht fleißig - ganze drei Mal: "Cumpleaños feliz", "Happy Birthday" und "Zum Geburtstag viel Glück". Gegen ein Uhr riefen Sara und ich uns ein Taxi und fuhren zurück nach Hause, denn am Samstag klingelte der Wecker schon um 8:30. Wir frühstückten im Confetti mein Lieblingsfrühstück (das Omelette, frischgepressten Osaft und Capuccino) und fuhren auf dem Weg zur Feria Barrio Lindo noch schnell im AFS-Büro vorbei, damit ich die Reise zur Isla del Sol in zwei Wochen bezahlen konnte. Auf der Feria waren wir von Beginn an erfolgreich: diese Armband-Fädelgummis für die Jungs (die lieben das!), ein Basket- und ein Fußball, und natürlich Klamotten für uns selbst.

Als uns die Füße wehtaten, fuhren wir zurück in die Stadtmitte, weil ich auf dem Postamt fragen wollte, ob mein Brief vielleicht dort gelandet ist. Nachdem ich gesehen habe, wie irgendwo im ersten Stock, nur über eine unfindbare, dunkle Treppe zu erreichen, zwei superlangsame Frauen und ein ekelhaft mit allem Lebendigem flirtender Mann inmitten eines unsortierten Haufens von Briefen und Spinnweben "arbeiteten", wunderte mich nichts mehr. Dann werde ich meine Karte eben sperren lassen.

Als Entschädigung setzten wir uns in ein Café zwischen Postamt und Vaca Fría und tranken Eiskaffee. Zu guter Letzt waren wir noch in der Nähe der Plaza durch ein winziges Sträßchen mit noch winzigeren Touri-Läden, wo man alle möglichen Souvenirs kaufen kann. Das habe ich noch nicht getan, aber ich habe mir eine Mini-Zampoña gegönnt, das sind diese zweireihigen Panflöten. 

Dann mussten wir uns beeilen, dass ich noch rechtzeitig mein Micro zum Spanischunterricht bekomme. Sara fuhr stattdessen mit dem Taxi nach Guembe, so ein Park mit Hotel, Pools und mehr Sehenswürdigkeiten, wo sie mit ihrem Vater bis Sonntag bleiben würde. An Claudias Haus angekommen war niemand da und als ich sie anrief, erzählte sie mir, heute sei kein Spanisch, das hätte in der Whatsapp-Gruppe gestanden. Schön, dass ich da nicht drin bin. Also fuhr ich wieder zurück und dann mit Camila und Mama auf eine "Babyshower". Das ist eine Babyparty für ein Kind, das erst in zwei Monaten zur Welt kommt, aber bereits einen Namen trägt, den alle wissen. Da sich kein einziges Mal jemand mit mir unterhalten hat, habe ich mich ziemlich fehl am Platz gefühlt und still bei den Gesprächen zugehört, den Spielen zugeschaut und mein Essen gegessen, von dem ich teilweise selbst bei der Zubereitung geholfen hatte - das war nämlich aus dem Confetti.

Bereits um zehn Uhr sind wir dann zum Glück wieder gefahren, da man ja ab Mitternacht nicht mehr raus darf und auch keinen Alkohol konsumieren darf wegen der Wahlen.

Dieser Wahlsonntag ist auch 1) der stillste Tag, seit ich hier bin, 2) der erste, an dem der Supermarkt zu ist und 3) der erste, an dem wir nicht mittags Essen gehen. Mein Gefühl sagt mir, dass das noch ziemlich langweilig wird heute. Vielleicht kann ich ja endlich funktionierende Unterrichtsmethoden heraussuchen.