16.o9.14 // 23:54 Uhr

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Der gestrige Tag war der Horror: Nachdem wir uns um halb 9 im AFS-Büro getroffen haben (alle pünktlich! :o ), sind wir quer durch die Stadt mit dem Micro zu irgendeiner Polizeiverwaltung oder etwas Ähnlichem gefahren. Das erste Dokument hatten wir schnell, die neuen Passfotos waren ebenfalls (im Hinterzimmer eines Hinterhofs) schnell geschossen und wir waren guter Dinge, als wir zur letzten Anlaufstelle gingen - jedenfalls bis wir die Schlange sahen. Etwa eine Stunde lang standen wir in der "Cola" - das ist das spanische Wort für Schlange - bis Alexia, eine unserer Betreuerinnen, die Nase voll hatte und einem Polizisten ein paar Nummern abgeluchst hat. Ob durch Bestechung oder weil das wirklich so funktioniert, wissen wir nicht. Jedenfalls durften wir uns nun wieder aus der Schlange fortbewegen und gingen um elf Uhr vormittags erst einmal Mittagessen im Hipermaxi, der größten Supermarktkette hier. Der hatte die begrenzte Auswahl zwischen Pollo und Hamburguesas und da wir ersteres fast täglich aßen, entschieden wir uns für die zweite Art Fastfood. Kommt ja eh fast aufs Gleiche raus.

Eine knappe Stunde später mussten wir wieder zurück zur Schlange, um zu überprüfen, wann wir dran waren. Ungefähr da wurde uns klar, dass das wohl noch etwas dauern würde, denn nach weiterer einstündiger Diskussion verschwand Alexia, um sich um die AFS-Schüler zu kümmern und wir brachen erstmal auf zum Abasto Mercado, von dem ich ja schon mal erzählt hatte. Um drei Uhr sollten wir wieder zurück sein, also saßen wir pünktlich wieder auf der Steintreppe vor dem Polizeigebäude, nur um festzustellen, dass wir garantiert noch weitere Stunden warten mussten. Letztendlich warteten wir fast zehn Stunden bis wir um sechs Uhr abends endlich durchgewunken wurden in einen Raum mit acht Angestellten plus PCs. Die hatten erst mal wenig Ahnung, was sie eigentlich mit unseren Dokumenten anfangen sollten, doch letztendlich war die Sache in knapp fünf Minuten erledigt. Völlig fertig ließen wir uns in Jorges Auto fallen und nach Hause bringen. Gerade noch rechtzeitig kam ich zum Tanzen, das meine Laune wieder ein bisschen gehoben hat.

 

Der heutige Tag war da wieder viel angenehmer: wenn er auch mit frühem Aufstehen begonnen hat, war ich doch pünktlich am Micro, gratulierte Chaufeur Zenon zum Geburtstag und ab ging's. Zuerst wurde mit Brandon Hausaufgaben gemacht (falls jemand eine Idee hat, wie man ihm den Unterschied zwischen 6 und 9 erklären kann, bitte sagt es mir, ich verzweifle langsam!!!), dann habe ich den Kiosk geschmissen, mich ein Viertelstündchen in den Matheunterricht bei Nelly gesetzt, meine Spanischhausaufgaben erledigt und mit Cachi, Zenon und Hugo geratscht. Nach der Heimfahrt bin ich noch kurz bei Cleo im Büro vorbeigegangen, um mir eine Arbeitsbestätigung zu holen, die wir morgen bei der Migracion brauchen werden, wo wir hoffentlich endlich unser verdammtes Visum bekommen.

Im Confetti habe ich mit Chrissies Hilfe (das ist eine der Belgierinnen) sechs Torten gerfertigt, bevor wir tanzen gegangen sind. Zum Abendessen gab es erfreulicherweise Salat mit Salat, Tomaten, Tunfisch und Nudeln (Voll gut) und dann konnte ich endlich ins Bett schlüpfen.

Morgen darf ich ausschlafen, denn wir treffen uns erst um drei Uhr im AFS-Büro. Ins Projekt zu gehen ist mir aber zu riskant, da das Micro nur eine Panne zu haben braucht oder auch bloß zu spät losfahren muss und schon käme ich zu spät.

 

 

Ach, und noch was habe ich heute gelernt:

 

Wir befinden uns im Tage 293 v. Hr. (vor Heimreise) an einem schaurig heißen Ort inmitten von Nichts als Sand, Palmen und buckeligen Kuhherden. Angenehme Stille liegt über dem Gelände, nur die Geräusch fleißigen Lernens dringen hin und wieder durch die offenen Türen: das Kratzen von Stiften auf Papier, das Rascheln eines Buches, quietschende Kreide auf der staubigen Tafel.

Da durchbricht plötzlich eine merkwürdige Melodie die Idylle. Ein Schnauben? Nein, das von knarrendem Plastik begleitete schwerfällige Atmen einer Ziehharmonika in den Händen der diesjährigen Voluntärin, die verzweifelt versucht, ihr Töne zu entlocken. Als sie es endlich schafft, wird sie von Lob überhäuft - positive Verstärkung soll ja angeblich am Schnellsten zu einer Besserung führen? - und angehalten, weitere Lieder zu versuchen zu spielen. Besonders vehement fordern die Kinder Titanic ein - ein Wunsch, den sie noch bereuen würden, dachte die Voluntärin bei sich und begann unbeholfen die Tasten zu drücken, durch reines Ausprobieren natürlich. Doch siehe da, nach dem 37. Mal Spielen klappte es plötzlich und löste erneut Begeisterungsstürme aus. Jedenfalls bei den einzigen zwei Personen, die noch in Hörweite waren...

 

 

2o.o9.14 // 23:oo Uhr

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Am Mittwoch hat der Tag gemütlich mit Ausschlafen, Frühstück im Confetti, etwas Helfen und Mittagessen mit der Familie begonnen. Vom AFS-Büro ging es dann weiter zum erneut Fotos machen (das dritte Mal), zu einem Anwalt und dann endlich zur Migracion, wo alles erstaunlich reibungslos von Statten ging - abgesehen davon, dass wir am Donnerstagvormittag nochmal hin mussten. Mir blieb genug Zeit, ins Tanzen zu gehen und dann den Tag zu beenden. Am Donnerstag klappte auch alles bei der Migracion und den Nachmittag hatte ich "frei", um zig Schokoherzen in Folie zu wickeln. Am Abend waren wir wieder beim Tanzen, doch Floor und ich gingen mitten in der Bachata-Stunde, da bei zehn Mädels nur sechs Jungs da waren, was letztendlich ziemlich nervig war.

 

Am Freitag war ich endlich wieder im Projekt und wurde von der Präsidentschaftswahl dort überrascht: Den Großteil des Tages verbrachten die Lehrer und Kinder damit, viele Wahlrunden über sich ergehen zu lassen, um letztendlich Alam zum neuen Oberhaupt zu erklären. Was genau seine Aufgaben sind, habe ich aber nicht herausgefunden. Nach dem Mittagessen fuhr ich wieder heim, denn kaum zuhause ging es auch schon weiter ins Confetti, wo Chrissie wieder vorbeikam, um zu helfen. Wir beendeten die Arbeit von gestern mit den Schokoherzen und machten außerdem einen Haufen Erdbeer-Fressiers. Danach ging es - natürlich - ins Tanzen.

Im Anschluss ging ich mit zu Zoe nach Hause, wo wir uns mit einem Stück Pizza an den Pool setzten und den ganzen Abend einfach nur redeten. Um halb zwei hat mich mein Vater dann abgeholt, der da gerade von einem BBQ kam.


Am Samstag wurde mir nachmittags durch Zufall eine Frage beantwortet, die mich schon immer brennend interessiert hat: Kann man mit Hühnern Bus fahren? Klar, man packt sie einfach in einen Umzugskarton, sodass die Leute sich wundern, warum es plötzlich gackert im Micro.

Am Vormittag habe ich ein Omelette gefrühstückt (ich liebe die Dinger), vier Torten gemacht - eine davon für meine Spanischlehrerin Claudia, die am Donnerstag Geburtstag hatte - und danach wieder einmal Mittag gegessen. Weil Opa und Oma bei meiner Familie (dem Original) zu Besuch waren, habe ich mit der ganzen Sippschaft ein Stündchen geskyped und danach die letzte halbe Stunde im Confetti verbracht, bevor ich zu Spanisch musste. Claudia hat sich riesig gefreut über die Torte, besonders weil sie kein Geschenk erwartet hatte, mich etwa dreißig Mal umarmt und am Ende des Unterrichts beim Bingospielen durfte dann auch jeder ein Stück haben. Nach der Heimfahrt (die mit dem Huhn im Micro) habe ich gleich meine Spanischhausaufgaben gemacht, da es sonst nichts zu tun gab. Um neun Uhr sind wir (wie anscheinend jeden Samstag) wieder zum Japaner zum Essen gegangen - diesmal Maki-Sushi mit Lachs, Gemüse und Philadelphia. Den späteren Abend verbringe ich jetzt mit Leo vor dem Fernseher. Übrigens haben meine Eltern gleich noch eine ganze Platte von Pralinen und Erdbeer-Fressiers mitgebracht, die dort übrig geblieben waren. Versteht ihr langsam, warum ich gar nicht darum herum komme, zuzunehmen? Ich esse ja von allem nur ein winziges Stück, aber es sammelt sich... morgen ist übrigens Arbeit angesagt, obwohl Sonntag ist. Den Grund dafür habe ich noch nicht verstanden.

 

Inzwischen weiß ich, dass der "Tag der Liebe" ist und das Confetti normalerweise einen Haufen Kohle macht an diesem Tag. Da der Feiertag heute aber auf einen Sonntag fiel, wusste kaum einer, dass geöffnet war und daher schlossen wir, nachdem ich mich zwei Stunden lang gelangweilt hatte (in der Küche arbeitete ja niemand, nur im Laden) schon mittags und gingen Essen.

Da der Chinese keinen Platz mehr frei hatte, der Herr Papa keine Lust auf Pasta und keiner eine Alternatividee, kurvten wir eine Weile planlos herum, bis wir vor Don José's Halt machten, einem Steakhouse mit der Besonderheit, dass es eine Bühne gibt, wo die Angestellten regelmäßig Folklore und Stepptänze aufführen, teils mit "Freiwilligen" aus dem Publikum. Das war ziemlich lustig, leider war nur das Essen nichts für mich: Ein riesiger Batzen Fleisch und als Beilage diese nach nichts schmeckenden fetten Maiskörner. 

Nachmittags kam Max vorbei und wir sind in den Parque Urbano gegangen, wo wir uns eine Weile mit Philine unterhalten haben, die aus Oruro zu Besuch war. Danach liefen wir noch zum Plaza und saßen zwischen hunderten anderen Leuten herum, einfach um zu ratschen. Entspanntes Ende.